Teezeremonie, Foto: Helmut Rüger

Und – schon einen Tsukubai gekauft? Dann kann es ja eigentlich direkt weitergehen. Wobei „gehen“ ein gutes Stichwort ist, denn heute behandeln wir die Teezeremonie, deren eigentliche Bedeutung in der Übersetzung „Weg des Tees“ liegt.

Die meisten von uns verbinden mit der Teezeremonie, einen mehr oder minder eloquenten Teemeister auf sehr komplizierte Weise eine Tasse grünen Tees herstellen zu sehen. Aber Japaner wären nicht Japaner, wenn sie nicht in jahrhundertelanger Isolation und dem (religiösen) Wunsch nach Vollkommenheit eine breite Basis um das eine Tässchen Tee gebildet hätten, das sich alle Anwesenden teilen müssen.
Nachdem man einen auf keinen Fall geraden Weg zu einem versteckt liegenden kleinen Teehäuschen hinter sich gebracht hat, sich am Tsukubai gesäubert und die sehr kleine Eingangstür durchschritten hat, begibt man sich als Gast in die Obhut des Teemeisters, der von nun an die Kontrolle übernimmt. Vordergründig um Tee zuzubereiten, aber eigentlich um seine Gäste in einen Zustand zu versetzen, der den Genuss unwesentlich werden lässt.
Und der Teil des Weges, der sich im Teehaus abspielt, fängt noch nicht einmal mit Tee an! Zuerst werden erlesene Häppchen gereicht, die in Anlehnung an eine Hilfspraktik von Zenmönchen „Kaiseki“ genannt werden. Dieser „Stein in der Brusttasche“ wurde bei stundenlangen Meditationen im Liegen auf dem Magen plaziert, um das Hungergefühl zu unterdrücken. Nach dem eigentlich rein vegetarischen Steinchen beginnt der Gastgeber mit dem Anfachen des Feuers für das Teewasser. Ebenfalls eine komplizierte Handlung, die die Anwesenden mitverfolgen.
Danach dürfen diese die Schönheit des Gartens bewundern, während der Raum umdekoriert und für die Zubereitung des ersten Tees vorbereitet wird. Diese Wegstrecke wird dann von allen Beteiligten schweigend vollzogen. Nach der komplizierten Reinigung der Gefäße bereitet der Gastgeber in einem bis ins kleinste geregelten Ritual eine Schale dickflüssigen grünen Tees zu, von der alle 3 Schlucke nehmen und die von der letzten Person geleert wird. Die Konzentration auf das Ritual, der festgelegte Rahmen und Ablauf sind letztendlich nur Hilfsmittel, um einen Zustand zu erreichen, dessen treffendste Bezeichnung „Zweckfreiheit“ ist. Ein Begriff, dem der normale Westeuropäer mit einer gediegenen Portion Skepsis gegenübertritt, weswegen Zen in weiten Teilen der Welt immer noch einen schweren Stand hat. Ersetzen wir es mit „heiterer Konzentration“, können vielleicht mehr Menschen etwas damit anfangen.
Mit dem erneuten Entfachen eines Holzkohlefeuers wird der etwas legerere Abschnitt des Weges eingeläutet. Nun bekommt jeder der Anwesenden einen eigenen Tee, der auch nicht mehr dickflüssig ist. Eigener Tee bedeutet aber immer noch nicht eigene Schale, denn wiederum wird nur eine Schale benutzt, wiederum kompliziert und meditativ gereinigt. Nacheinander wird für jede Person der Tee zubereitet, nacheinander trinkt jede Person ihren Tee. Ein Zeichen der Verbundenheit, aber auch eine Übung in Geduld.
Nachdem der letzte Gast seine Schale geleert hat, entfernt der Gastgeber alle Utensilien, der Raum nähert sich wieder dem Zustand, in dem er betreten wurde. Der Kreis schließt sich.
Hat der Gastgeber seine Sache gut gemacht, sind jetzt all seine Gäste nach 4 bis 6 Stunden in eben diesem Zustand der heiteren Konzentration, der ihnen hilft, ihre Sinne komplett auszunutzen.

Würden Sie gerne mehr über die Teezeremonie erfahren, als Ihnen unsere komprimierte Zusammenfassung bieten kann, oder gar selber mal den Weg des Tees gehen? Hier unsere Internet- und unsere Literaturempfehlung:

www.teeweg.de
Eine Seite, die wenig Wünsche offen lässt und dennoch Begehrlichkeiten weckt. Alles über den Weg des Tees!


Literatur zum Thema:

{ln:Das japanische Teehaus 'Das japanische Teehaus} Fehrer, Wolfgang
Das erste umfassende deutschsprachige Werk über das Teehaus. Besondere Berücksichtigung der Architektur mit großem Teil über die Teezeremonie.
232 Seiten, Hardcover, 21 cm x 32 cm, mehr als 220 farbige u. s/w. Abb., 42,– EUR

Dieser Artikel erschien in der {ln:BONSAI ART 102 'BONSAI ART 102}