„The Needle Juniper (Juniperus rigida)“, aus der Reihe „Working Bonsai“ des Shinkikaku-Verlags

Was wie ein sehr spezielles Buch erscheint, auch noch in englischer Sprache verfasst, ist eigentlich eine Art Comic, der in der Tradition japanischer Bildgeschichten, den Manga, steht. Geringe Englischkenntnisse sind also kein Problem. Zwar ist das Buch auf die nadelförmig wachsenden Wacholder zugeschnitten, in vielen Teilen jedoch stellt es den Prozess des „Bonsai machens“ auf ausgezeichnete Weise dar, kann somit für die Entwicklung jedes Bonsai nützlich sein.

The Needle juniper – Working Bonsai Daraus, dass ich dieses Buch schon in der Einleitung anpreise, können Sie schließen, wie es mich beeindruckt hat. Tatsächlich halte ich es, ähnlich wie die regelmäßig in der BONSAI ART erscheinenden Shohin-Bildergeschichten, für ein Grundlagenwerk der Bonsaigestaltung. Auf nur 120 Seiten findet man hunderte von Zeichnungen, die Schritt für Schritt die Bearbeitung und Veränderung einer Pflanze auf dem Weg zum Bonsai zeigen.
Worum geht es im Einzelnen? Nach einer Galerie mit wirklich exzellenten Igelwacholdern folgen sieben Teile:
•     Bearbeiten eines ausgegrabenen Baumes
•     Einen Baum aus einem Steckling entwickeln
•     Einen Wacholderwald gestalten
•    Gegenwart,Vergangenheit und Zukunft verschiedener Bonsai
•     Totholz bearbeiten
•     Arbeitsplan
•     Besonderheiten der Wacholderpflege
Diese Themen leben von den sehr klaren Zeichnungen mit kurzen Begleittexten. Dazu gibt es jeweils einen Text eines Spezialisten zu lesen. Ein paar Fotos (leider schwarz-weiß und unscharf) komplettieren die Kapitel.
Am Beispiel des ersten Teils, der mit etwa 30 Seiten auch der längste ist, möchte ich die Qualitäten dieses Buches verdeutlichen. Schnell wird klar, dass ein Yamadori nicht mehr und nicht weniger ist als eine Ausgangsbasis, ein Grundstock. Alle Äste und Zweige müssen aus frischen Trieben ganz neu aufgebaut werden. Im Prinzip werden alle Bonsai, auch und gerade die Laubbäume, aus diesem Rohmaterial entwickelt. Der Text leitet von einem Entwicklungsschritt zum nächsten, stellt die wichtigen Aspekte heraus, nennt die entscheidenden Zeitpunkte.
Wer behauptet, für einen Bonsai gäbe es kein Rezept, der sollte dieses einmal versuchen. Der Autor macht zwar keine Zeitangaben, aber er beschreibt genau, wie weit die Pflanze sich erholt haben muss und wie man das erkennen kann. Damit sind die Tipps auch unabhängig vom Klima – die Entwicklung des Baumes gibt das Tempo vor. Weiter geht es mit der Festlegung der Hauptäste und dem Problem, wann genau die Triebe zu drahten sind. Immer wieder wird deutlich, wie vorsichtig der Umgang mit dem Baum ist und wie gleichzeitig eine konsequente Bearbeitung angestrebt wird. In den Zeichnungen und Texten drückt sich eine große Sicherheit aus, die der Autor durch jahrelange Erfahrung gesammelt hat. Am Ende steht ein Bonsai, dessen Form bereits in den Anfängen klar vor Augen des Gestalters stand.
Zu lehren, was man wann und wie tut, ist das Anliegen dieses Buches. Wo z.B. in den Büchern von John Y. Naka die Ausgangslage und das Endergebnis festgehalten ist, so findet der Wissbegierige in diesem Buch eine Anleitung in kleinen Schritten, an die er sich nur halten muss, um gute Ergebnisse zu erzielen.
Nach all dem Lob nun doch ein paar Wermutstropfen, die aber meine Freude über dieses Buch nicht wirklich schmälern. Die wenigen schlechten Fotos hatte ich erwähnt und auch das in der Inhaltsangabe aufgeführte Glossar sucht man vergebens. Die Texte sind – freundlich gesprochen – nachlässig editiert worden. Das ist zwar manchmal ärgerlich, aber wichtig ist, dass dieses Buch nun zur Verfügung steht. Was einen Bonsai zu einem guten Bonsai macht? Durch dieses Buch kann man es verstehen.

{ln:The Needle Juniper - Working Bonsai '„The Needle Juniper (Juniperus rigida)“}. Hrsg.: JARDIN press. 128 Seiten, 22cm x 30cm, 4-farbig, englischsprachig, 34,95 Euro. 

Erschienen in {ln:BONSAI ART 099 'BONSAI ART 99}