BONSAI ART
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von Michèle Corbihan

Bonsai-Enthusiasten ist Saulieu im französischen Burgund bereits ein Begriff, denn die dortige Bonsai-Ausstellung hat sich innerhalb weniger Jahre zu einer der hochklassigsten europäischen Bonsai-Ausstellungen entwickelt.
Organisator Frédéric Chenal und sein Team haben im Oktober 2016 erneut eine hervorragende Veranstaltung auf die Beine gestellt, deren Exponate im Buch zur Ausstellung abgebildet sind, mit Texten auf Französisch und Englisch.

 

European San Show 2016Die Autorin zeigt uns im vorliegenden Buch, das vom Layout her dem Vorgänger aus 2015 gleicht, die in Saulieu präsentierten Bonsai vor einem etwas helleren Hintergrund, der sie noch besser zur Geltung bringt. Die ungewöhnliche Klasse dieser Ausstellung wird auch dadurch belegt, dass man im Bildband kaum einen Baum finden kann, der von der Qualität her deutlich abfallen würde. Das Schöne dabei ist, dass die europäischen Bäume, die in Saulieu gezeigt wurden, den japanischen Importen in ihrer Schönheit und Reife her nicht unbedingt nachstehen. Bei manchem Bild merkt man erst auf den zweiten Blick, dass es sich um ein heimisches Gewächs handelt. So verraten die Bildunterschriften, dass europäische Wald- und Bergkiefern, Sabina-Wacholder, Buchsbäume, heimische Ulmen, Eiben, Lärchen, Fichten, Schlehen und Myrten unter den Exponaten waren. Ein großer, reifer Wald aus alten Zuckerhutfichten ist erstaunlich, gilt diese Fichtenart doch gewöhnlich als ungeeignet für Bonsai-Zwecke.

Etwa ein Dutzend schöner Shohin-Displays beweisen, dass europäische Bonsai-Freunde auch auf diesem Gebiet immer mehr Klasse entwickeln.
Den Preis für die „beste Baum-Schale-Kombination“ erhielt eine alte, knorrige Ulme in einem sehr rustikalen, verbogenen Gefäß, vielleicht nicht für jedermanns Auge die beste, aber sicherlich die auffälligste Kombination. Im Übrigen war die Präsentation der Ausstellungsbäume in Saulieu wieder auffallend gut. Hervorragend gewählte Schalen und Tische bestimmen das Bild und auch die abgebildeten Beistellpflanzen wirken durchweg stimmig. Saulieu beweist, dass es möglich ist! Deswegen ist an die Veranstalter anderer Ausstellungen zu appellieren, in Sachen Präsentation einen gewissen Einfluss auszuüben.
Die Demos in Saulieu wurden von vier Kimura-Schülern durchgeführt, die selbst bereits einen hohen Bekanntheitsgrad besitzen: Marco Invernizzi, Taiga Urushibata, Hiroaki Suzuki und Masayuki Fujikawa.
Der Spanier Luis Baliño zeigte nicht weniger als acht schöne Tokonoma-Präsentationen mit seinen Bäumen, die im Buch jeweils halbseitig abgebildet sind, gefolgt von diesmal 14 Preisträger-Exponaten. Im Anschluss sind alle weiteren Bäume der Ausstellung zu sehen, von denen viele ganzseitig gezeigt werden. Eine ganze Reihe der ausgestellten Bäume kennt man bereits von anderen europäischen Ausstellungen der letzten Jahre, wobei manche sich seither deutlich weiter gereift darstellen. Daneben findet man aber auch eventuell noch nicht gesehene sehr schöne Bäume von hierzulande weniger bekannten Ausstellern.
Porträts der vier Demonstratoren und einige Fotos der Demos ergänzen dieses schöne Buch, das neben dem reinen Genuss der schönen Bilder auch deutlich dokumentiert, dass die European Bonsai San Show in Saulieu ihre Bedeutung für Bonsai in Europa weiter ausbaut.

„European Bonsai San Show 2016“, Michèle Corbihan, Éditions LR Presse 2016, 104 Seiten, Format 21 x 28,5 cm, Softcover, französisch/englisch, Preis 24,90 Euro

Rezension von Heike van Gunst aus BONSAI ART 143