Der Wald. Eine literarische Wanderung "Der Wald. Eine literarische Wanderung" und "Hundeherz"

von Kerstin Ekman

Sie wissen, dass ich mich gerne mit Vorstellungen von Natur, Natürlichkeit, Kunst und Künstlichkeit auseinandersetze. Das, was wir – und entsprechend die Menschen anderer Kulturen – jeweils darunter verstehen, ist an unsere Zeit, den Zeitgeist, gebunden und Ausdruck davon.

Dieser hat wiederum seine Geschichte, die machmal weit zurückreicht und deren Bedeutungen vielleicht nicht mehr bewusst, wohl aber erlebbar sind. Menschen, die Kentnisse über längst vergangene Vorstellungen und Empfindungen hervorholen können, schenken uns Einblicke nicht nur in Vergangenes, sondern schaffen auch Zugänge zu archaischen Bereichen in uns. Kerstin Ekman ist eine Autorin, die Geschichte(n) erzählt und damit die Welt der Menschen aufleben lässt, die noch viel inniger mit und von der Natur lebten. Zwei Bücher von ihr, bei Piper erschienen, habe ich gelesen. „Der Wald“ ist, wie der Untertitel verrät, eine literarische Wanderung; nicht durch den Wald, sondern durch die Waldliteratur, um den Empfindungen nachzuspüren, die Menschen vor Jahrhunderten mit dem Wald bekamen. Ganz Europa, d. h. die Welt war Wald und Kerstin Ekman macht die Angst vor diesem, seiner Wildheit und Unordnung, dem Wohnsitz der Götter und der Ehrfurcht vor jenen, zu ihrem Thema. Es ist ein mächtiges, über 500 Seiten starkes Werk, in dem sich kulturtheoetische Schrift mit Erzählung, Enzyklopädie mit Märchenbuch trifft. Es ist ein Fundus, der jedem, der wirklich wissen möchte, was in ihm oder ihr schlummert und sich vielleicht im Hobby Bonsai äußert, Gedanken und Erkenntnisse zur Verfügung stellt.
Wer unmittelbarer erleben will, was es heißt, „in der Natur“ zu sein, wird von der Erzählung „Hundeherz“ ergriffen sein. Die kraftvolle unsentimentale Beschreibung von Einsamkeit und Überleben eines verloren gegangenen jungen Hundes zieht den Leser nicht nur in seinen Bann, sondern lässt ihn auch seine enge Verbundenheit mit der Natur erleben. Kerstin Ekman gelingt auf 128 Seiten etwas, was mich sehr an japanische Autoren erinnert: eine distanzierte und gleichzeitig intensive Verbindung zur Natur zu schaffen.


Michael Exner


„Der Wald“. 528 Seiten, E-Book, 18,99 EUR.
„Hundeherz“. 144 Seiten, Taschenbuch kartoniert, 8,95 EUR

Dieser Artikel erschien in der {ln:BONSAI ART 122 'BONSAI ART 122}