BONSAI ART
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Interview mit Petra Hahn

In diesem Artikel unserer Serie von Töpfer-Interviews stellen wir Ihnen eine erfahrene und bekannte deutsche Bonsai-Schalentöpferin vor: Petra Hahn.

 Bonsaischalen Petra Hahn

Die 1964 geborene Petra Hahn aus dem fränkischen Rückersdorf, ist gelernte Druckvorlagenherstellerin und arbeitet inzwischen als Büroangestellte und Töpferin. Seit vielen Jahren sind ihre Bonsai-Schalen in Deutschland und Europa ausgesprochen beliebt bei den Bonsai-Freunden und auch sehr bekannte Bonsai-Künstler gehören zu ihren Kunden.


Mehr über Petra und ihre Arbeiten unter petra-hahn.com


Wie und wann hast Du Dein Interesse für Bonsai entdeckt?
Ich hatte schon immer ein Faible für Pflanzen aller Art. Es gibt keinen Urlaub, von dem ich nicht irgendwas mitbringe. Ich muss auch immer noch mit meinem Mann darüber diskutieren, ob unser Wintergarten ein Gewächshaus oder ein Wohnraum ist. Mein erster Baum war eine Linde, die ich aus einem Lichtschacht gezogen habe. Das ist fast 30 Jahre her. Die habe ich dann jahrelang im Topf kultiviert, bis ich überhaupt entdeckt  habe, dass es sowas auch in „schön“ gibt. Im Jahr 2000 habe ich mich dann einer Bonsai-Gruppe angeschlossen. Den ersten Baum, die Linde, gibt es übrigens heute noch, aber es ist nicht wirklich ein klassischer Bonsai daraus geworden.

Wie hast Du das Töpfern erlernt? 
Irgendwann habe ich in der Volkshochschule einen Töpferkurs besucht. Daran habe ich anschließend jahrelang teilgenommen. Das war schon lange vor meiner Bonsai-Zeit.

Seit wann töpferst Du Bonsai-Schalen und wie ist es dazu gekommen?
Nachdem ich Bonsai und Töpfern unabhängig voneinander betrieben habe, war es naheliegend, meine Schalen auch selbst zu machen. Die Kollegen in meinem Bonsai-Verein haben mich ermutigt, das auszubauen. 

Hast Du eine künstlerische Ausbildung?
Nein. Ich bin einfach gern handwerklich tätig und probiere, möglichst viel selbst zu machen. Ich arbeite gern mit verschiedenen Materialien und habe auch schon vieles ausprobiert: Airbrush, Seidenmalerei, Holzarbeiten, verschiedene Handarbeiten und früher habe ich auch viel gezeichnet. Aber nichts ist so vielseitig wie das Arbeiten mit Ton! Und es ist immer eine Überraschung, wenn ich den Ofen öffne, leider nicht immer eine schöne. Manchmal muss ich mehrere Schalen verschrotten, weil die Glasur plötzlich abgelaufen ist und auf den Ofenplatten festklebt. Beim Herausnehmen werden dann oft die Füßchen beschädigt. 

Wie hat sich Deine Töpferei entwickelt und was bedeutet sie heute für Dich?
Ich habe etliche Jahre gebraucht, bis ich mit meinen Schalen halbwegs zufrieden war. Wenn ich mir heute Fotos von meinen alten Schalen anschaue, sehe ich deutlich, dass ich mich weiterentwickelt habe. Ich bin ganz stolz darauf, nicht nur immer das Gleiche anzubieten, sondern auch mal kompliziertere Schalen zu machen. Auch wenn das vielleicht nicht immer gleich ins Auge springt, kann das durchaus eine Herausforderung für den Töpfer sein. 

Wie passt Dein eigentlicher Beruf mit dem Töpfern zusammen und wie lässt es sich mit Deinem Familienleben vereinbaren?
Da ich nur halbtags arbeite, kann ich mir die Zeit nehmen. Zum Glück muss ich nicht von der Töpferei leben. Manchmal töpfere ich wochen- oder monatelang gar nichts. Im Sommer beschäftige ich mich mehr mit Bonsai, im Winter eben mit dem Töpfern. 

Nimmst Du an nationalen und / oder internationalen Ausstellungen teil?
Beides. 2004 hatte ich erstmals die Gelegenheit, als Händlerin bei einer lokalen Ausstellung mitzumachen. Ich wurde auch schon ziemlich frühzeitig nach Arco eingeladen, um meine Schalen dort zu präsentieren. Seitdem nehme ich gerne an internationalen Ausstellungen teil. Inzwischen kenne ich sehr viele Leute in der internationalen Bonsai-Scene. Die Ausstellungen sind für mich die beste Gelegenheit, diese zu treffen. Das ist mit der Hauptgrund, warum ich das mache. Im November war ich bei der Aki-Ten in Brixen und habe auch bei dem Schalenwettbewerb mitgemacht. Leider hat meine Octopus-Schale aber nichts gewonnen. Meine nächste Ausstellung ist die Noelanders Trophy in Belgien Anfang Februar.

Kaskadenschale „Octopussy“ von Petra HahnKaskadenschale „Octopussy“, die am Töpferwettbewerb der Ausstellung Aki-ten in Brixen teilgenommen hat.
Maße: 14 cm x 14 cm x 35 cm

Gibt es Veröffentlichungen von Dir bzw. über Dich? Welche?
Ja, vor ein paar Jahren wurde ich einmal für die französische Ausgabe der Bonsai-Fachzeitschrift „Esprit Bonsai“ interviewt. 

Gibst Du Dein Wissen gerne weiter? (Gibst Du Kurse, hast Du Schüler?)
Nein. Da ich nur sehr beengt in einer Ecke meines Kellers arbeite, habe ich dazu gar keine Möglichkeit. Da ist mir selbst meine Katze schon im Weg!

Wie viele Bonsaischalen fertigst Du etwa pro Jahr an?
Keine Ahnung, das schwankt je nach der Anzahl der Ausstellungen, aber wahrscheinlich so 50 bis 70 Stück. Ich mache nicht mehr als zwei bis drei Ausstellungen pro Jahr, auch meiner Familie zuliebe.

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Petra Hahns Arbeitsplatz im Keller

Was für Schalen gefallen Dir persönlich am besten?
Immer die, die zum Baum passt. Aber auch das, was ich persönlich nicht hinbekomme …

Worauf legst Du besonderen Wert beim Töpfern von Bonsai-Schalen, was macht Deinen Stil aus?
Ich will mich nicht auf eine bestimmte Richtung festlegen, deshalb probiere ich ja auch solche Techniken wie zum Beispiel die Porzellanmalerei. Meine Schalen sollen aber eigentlich nicht so sehr ins Auge fallen, sie sollen ja den Baum hervorheben. Trotzdem denke ich schon, dass sie einen gewissen Wiedererkennungswert haben. Aber grundsätzlich mag ich keine glänzenden Glasuren oder grellen Farben zu den Bäumen.

Machst Du Auftragsarbeiten?
Ja, klar! So kriegen die Kunden auch wirklich eine passende Schale zu ihrem Baum. Wer sich noch nicht sicher ist, wird von mir auch beraten. Und ich muss nicht ganz so viel auf Vorrat produzieren. 

Petra Hahn
Europ. Lärche (Larix decidua) von Christian Weiß, Höhe 50 cm.
Unglasierte Trommelschale von Petra Hahn mit den Maßen 27,5 cm x 7 cm

Viele Deiner Schalen sind sehr klassisch und scheinen von japanischen Vorbildern inspiriert zu sein. Außerdem verkaufst Du auch Kimonos. Hast Du eine besondere Beziehung zu Japan?
Ich hatte schon viele Berührungspunkte mit Japan, übrigens habe ich meinen Mann beim Aikido kennengelernt! Das mit den Kimonos ist auch aus einer Sammelleidenschaft entstanden. Ich hatte irgendwann so viele, dass mir der Platz ausging und ich ein paar verkauft habe. Aber das ist eine untergeordnete Sache. Nach Japan wollte ich schon lange mal, aber aus Kostengründen haben wir das immer wieder verschoben. Es gibt so viele Facetten von Japan, die mich interessieren, vor allem natürlich die alte Kultur, aber auch die verschiedenen Handwerkstechniken. Es liegt in der japanischen Mentalität, alles zur Perfektion zu bringen. Bis dahin habe ich selbst noch einen langen Weg vor mir.

Du machst Akzentschalen mit sehr vielfältigen und phantasievollen Formen. Wie kommen diese zustande?
Ich sehe irgendwo eine interessante Form oder Struktur und versuche, diese dann in eine bepflanzbare Form zu bringen. Was ich mache ist aber auch von der Nachfrage abhängig. In den ersten Jahren habe ich hauptsächlich Beistellschalen verkauft. Manchmal haben die Kunden mir während des Aufbaus meines Händlerstands schon  beim Auspacken geholfen, um die besten Schalen zu ergattern. Der Markt an Akzentschalen scheint aber inzwischen weitgehend gesättigt zu sein. Viele Leute töpfern sich die Akzentschalen jetzt auch selbst. Mittlerweile liegt  ein Schwerpunkt mehr auf Bonsai-Schalen.

Neben Steinzeugkeramik fertigst Du auch bemalte Porzellanschalen an. Welche Herausforderung stellt die Arbeit mit Porzellan dar?
Das war etwas, das ich unbedingt mal ausprobieren wollte, auch um mein Angebot zu erweitern. Das Material ist ganz anders als Ton, eher gummiartig und nicht so einfach zu handhaben. Es trocknet sehr schnell aus, reißt dann leicht und ist sehr bruchempfindlich. Auch die Malerei ist nicht einfach. Dafür brauche ich sehr viel Muße. 

Fichte (Picea abies) von Christian Weiß, Höhe 75 cm. Unglasierte Trommelschale von Petra Hahn mit den Maßen 37,5 cm x 9 cm
Fichte (Picea abies) von Christian Weiß, Höhe 75 cm.
Unglasierte Trommelschale von Petra Hahn mit den Maßen 37,5 cm x 9 cm

Welche Techniken wendest Du an (Drehen, Aufbau, Schnitzen aus Tonblock, Dekorationstechniken)? 
Ich mache meine Schalen in Aufbautechnik ohne Gipsformen. Mit der Drehscheibe bin ich nie richtig klargekommen. 

Welche Hilfsmittel und Werkzeuge benutzt Du beim Töpfern und was für einen Brennofen (elektrisch / Gas / Holzbrand)?
Ich brenne elektrisch. Ansonsten habe ich nur die üblichen Töpferwerkzeuge und Papierschablonen für die Größe.

Gibt es Schalen, von denen Du Dich schwer trennen kannst?
Alle verhunzten oder gerissenen Schalen. Mir blutet oft das Herz, wenn eine schöne Schale im Glasurbrand einen  Riss bekommt oder die Füße festkleben. Solche Stücke sind ja nicht verkaufbar. Aber ich verwende sie dann für meine eigenen Bäume. Die stehen praktisch alle in Ausschuss-Schalen.

Welche Rolle spielt das Internet für Dich?
Das Internet ist für mich eine gute Recherche- und Inspirationsquelle. Ich muss allerdings gestehen, dass die Pflege meiner Homepage immer ein Riesenaufwand für mich ist, weshalb sie auch ziemlich vernachlässigt wird. Die Zeit nutze ich dann meistens lieber zum Töpfern. 

Wie viele eigene Bonsai hast Du und wo liegt der Schwerpunkt für Dich, auf den Bäumen oder der Töpferei?
Ich habe rund 50 eigene Bäume. Bonsai sind für mich genauso wichtig wie die Schalenherstellung. Wenn ich mit den Schalen Geld verdiene, wird auch gleich immer etwas in neue Bäume investiert. Das war ja für mich der Antrieb, die Schalen zu verkaufen. Ich glaube, ich bin noch von keiner Ausstellung mit leeren Händen heimgekommen. 

Hast Du einen Lieblingsbaum? 
Eigentlich nicht. Aber ich habe eher ein Händchen für Laubbäume. Zur Zeit stehe ich besonders auf Blüten- und Frucht-Bonsai. Da schlägt halt wieder der Blumenfreak durch!

Wie beurteilst Du die Bonsai-Szene heute und ihre zukünftige Entwicklung?
Die europäische Bonsai-Szene ist wie eine große Familie. Dadurch, dass unser Hobby so speziell ist, trifft man bei den Ausstellungen immer wieder die gleichen Leute, was das Ganze ja auch so interessant macht. Die meisten Bonsaianer, die ich kenne, sind relativ bodenständige Leute, die ihr Hobby seit vielen Jahren betreiben und lieben. In den letzten Jahren wurde es trendy, dass immer wieder neue Gestalter auftauchen, die dann eine kurze Zeit lang extrem gehypt werden. Nicht, dass ich diesen Leuten ihr Talent für Bonsai abstreiten will, aber ich bin eher für die leisen Töne.

Wie sollte man es angehen, wenn man das Töpfern von Bonsai-Schalen selbst versuchen möchte?
Das ist eine Frage der Erwartungshaltung und ob die Schale dann in einer Ausstellung stehen soll. Irgendein Gefäß zu töpfern ist nicht so schwierig. Aber um die handwerklichen Probleme zu meistern, ständige Rückschläge wegzustecken, jahrelang an der Entwicklung einer bestimmten Glasur zu arbeiten, braucht es schon einiges an Ausdauer, Geduld und vor allem Verständnis für Bonsai. Einen schnellen Erfolg sollte sich da keiner erwarten.