erschienen in BONSAI ART 80

Chaenomeles – Scheinquitte

Die Scheinquitte, oft auch Zierquitte genannt, repräsentiert unter den Blütenspezies sicherlich am ehesten den fernöstlichen Hang zur Schönheit der unberührten Natur. Die bekanntesten Spezies sind Chaenomeles japonica aus Japan sowie C. cathayensis und C. sinensis, die aus China stammen. Die meisten der unzähligen Gartenvarianten, die über den gesamten Erdball verbreitet sind, stammen von diesen drei Arten ab. Die chinesischen Spezies sind in verschiedenen Regionen verbreitet (Szetchuan, Yunnan usw.) und es scheint, als seien sie in der Vergangenheit hauptsächlich für medizinische Zwecke kultiviert worden.

Zumindest ist seit der Edo-Periode (1600–1868) in dem Text „Die Pflanzen von Yamato“ viel von den berühmten chinesischen Spezies (Choosha-boke, Kara-boke usw.) die Rede. In der Literatur wird aber bereits ab dem 10. Jh. von getrockneten und wegen ihrer Heilwirkung eingesetzten Früchten berichtet. Die japanische Scheinquitte war die erste, die in Europa bekannt wurde, nachdem sie 1796 in die Ziergärten eingeführt wurde.
Chaenomeles ist eine in der Regel dornige, strauchige Pflanze, die in der Natur nicht höher als 2–3 Meter wird und eher an einen Busch als einen Baum erinnert. Sie hat halbimmergrüne oder abfallende, wechselständige Blätter mit gezahnten Rändern und kurzen Blattstielen. Sie bringt allein stehende oder Blüten in Dolden hervor, die sich manchmal zeitlich vor den Blättern öffnen. Die lappigen Kelche mit vollständigen Rändern bestehen aus fünf Blütenblättern. Ihre Färbung reicht von reinem Weiß bis Rosa, von scharlachrot- bis karminfarben. Die Frucht ist apfelartig, klein, gelb und in der Regel stark duftend. Die Pflanze passt sich leicht unseren Klimabedingungen an und wird häufig als Zierpflanze verwendet. Ihre reifen Früchte werden von den Nahrungsmittelindustrie zu Fruchtkompott oder Gelee verarbeitet.


Die Zierquitte als Bonsai

Chaenomeles ist eine robuste und leicht zu gestaltende Spezies mit ausgeprägtem Charakter. Als Bonsai mit frühzeitiger Blüte gehört sie sicher zu den schönsten und am einfachsten zu kultivierenden Spezies. Aufgrund ihres langsamen Wachstums ist der Gestaltungsprozess zwar auch langsam, dafür ist sie aber langlebig und kräftig. Gerade wegen des langsamen Wachstums muss man bei drastischem Rückschnitt besonders vorsichtig sein, da die Schnitte an starken Ästen nur schwer verheilen. Sie ist für fast alle Stile geeignet, vor allem für den mehrstämmigen Stil, der von der Fähigkeit der Chaenomeles profitiert, aus den Wurzeln Triebe zu bilden.


Vermehrung
Sie ist leicht aus Samen, Stecklingen und durch Pfropfen zu vermehren. Der ideale Zeitpunkt zum Einpflanzen der Samen ist der Herbst, so dass diese im Frühjahr des folgenden Jahres austreiben. Die Samen können in eine Tonschale oder eine Styroporkiste mit Drainagelöchern gepflanzt werden. Um gute Drainagebedingungen zu schaffen, wird auf dem Boden eine Schicht Lavagranulat oder grobe Erde aufgebracht. Die ideale Substratmischung besteht aus 60 % Torferde und 40 % grobkörnigem Sand. Die Samen werden in 2 cm Abstand und nicht tiefer als ihrem doppelten Durchmesser entsprechend eingepflanzt. Danach wird das Saatbeet in den Halbschatten gestellt und regelmäßig gegossen. Erst nach dem Austreiben werden die kleinen Pflänzchen nach und nach an die Sonneneinstrahlung gewöhnt.
Bei dieser Spezies ist Februar/März der günstigste Zeitpunkt für das Schneiden der Stecklinge, man kann dies aber auch im Juli/August tun, wobei die neuen Pflänzchen den Winter dann im geheizten Gewächshaus verbringen müssen. Die Wurzelbildung reicht unter Umständen nicht mehr aus, um den kalten Temperaturen standzuhalten.
Das Beet wird mit einer Erdmischung aus Torf und Sand zu gleichen Teilen präpariert. Als Stecklinge werden nur die längsten Zweige verwendet. Weder der schon verholzte untere, noch die zu schwachen oberen Teile sind geeignet. Der mittlere Teil der Zweige wird in Stecklinge geteilt, die nicht länger als 8-10 cm sein sollten. Von diesen werden alle Blätter außer den letzten beiden abgeschnitten. Die Stecklinge müssen vor starkem Wind und Spätfrösten geschützt werden. Was das Gießen betrifft, so ist häufiges Wässern, sobald der Boden trocken wird, und ständiges Einsprühen bzw. „gespannte Luft“ unverzichtbar. Sobald sich Wurzeln entwickelt haben, dürfen die kleinen Pflänzchen zunächst frei weiter wachsen, werden schließlich aber auf 1 oder 2 Knoten gekürzt. Jetzt können der Stamm und die Astansätze gedrahtet und gestaltet werden.
Für die Bonsaivermehrung ist auch die Verwendung von Wurzelstecklingen interessant, aus denen man junge Pflanzen erhält, deren Stämme bereits gewunden und knorrig sind. Hierzu werden die beim Umpflanzen entfernten Wurzeln verwendet, wobei die Erde des Behälters, in den sie gepflanzt werden, mit Moos abgedeckt wird.
Das Pfropfen von Chaenomeles erfolgt gegen Ende Februar/Anfang März, wenn die Pflanze, die die Unterlage bildet, gerade austreibt. Als Pfropfreis sind die Endtriebe ideal. Diese werden, bevor sie in die Unterlage eingesetzt werden, an der einen Seite des Ansatzes mit einem langen und schrägen Schnitt und an der anderen ebenfalls mit einem schrägen aber kürzeren Schnitt zugespitzt. An der Unterlage wird ein senkrechter Schnitt ausgeführt, der nur etwas länger als der ist, der am Pfropfreis angebracht wurde, damit das Zusammenfügen genauer ist. Ist das Pfropfreis richtig eingefügt, wird das Ganze mit Raffiabast oder Kunststoffband fixiert und noch einmal geprüft, ob beide Teile auch perfekt anliegen. Innerhalb einiger Monate verwächst die Pfropfung, aber damit sie stabil ist, muss ungefähr ein Jahr vergehen.

Standort
Diese Spezies steht besonders gern in der Sonne, an den wärmsten Sommertagen sollte sie allerdings in den Halbschatten gestellt werden. In den kältesten Monaten muss sie vor Frost geschützt und zum Beispiel unter ein Vordach oder in ein Kalthaus gestellt werden. Damit die Blüten glänzen, müssen sie unbedingt ausreichend Licht erhalten. Frostschutz ist nötig, da Chaenomeles, je nach Variante, zwischen Dezember und April blüht.

Gießen
Da die Scheinquitte schnell unter Wassermangel leidet, muss sie ausreichend häufig gegossen werden. Von Mai an muss sie immer, wenn der Boden trocken ist, über den ganzen Sommer reichlich gewässert werden. Im Winter wird weniger gegossen, der Boden muss aber trotzdem immer feucht bleiben. Das Geheimnis einer reichhaltigen Blüte besteht darin, bei der Gestaltung des Baums ein ausreichendes Blättervolumen zu erhalten. Es darf nie an Wasser mangeln, damit die Knospen nicht vorzeitig abfallen. Die Blätter dürfen nur besprüht werden, solange die Pflanze keine Blüten und Früchte hat, da diese sonst verloren gehen könnten.

Beschneiden
Normalerweise wird Chaenomeles durch Beschneiden gestaltet, was sicherlich die für diese Spezies die geeignetste, aber auch eine zeitaufwändige Gestaltungsmethode ist. Das aggressive Beschneiden erfolgt im Frühjahr vor Einsetzen des Wachstums, während die kleinen Zweige das ganze Jahr über beschnitten und gekürzt werden können. Besonders wichtig ist das Zurückschneiden neuer Zweige bis auf zwei oder drei Knoten, die sonst zu kräftig nach außen wachsen.
Diese Spezies bildet leicht neue Blattknospen, weshalb die neuen Triebe nur mit dem Ziel gekürzt werden, die Silhouette des Baumes zu definieren. Die Blütenknospen kann man ab dem Sommer von den anderen unterscheiden, weshalb ihre Stellung im Herbst beim Beschneiden berücksichtigt werden kann. Die Wurzeltriebe werden so schnell wie möglich entfernt, wenn sie überflüssig sind.

Drahten
Die Zweige von Chaenomeles wachsen eher gerade, weshalb sie außer durch wiederholtes Beschneiden auch durch Drahten gestaltet werden können. Der ideale Zeitpunkt zum Drahten ist das Frühjahr oder der Herbst. Diese Arbeit muss sehr sorgfältig durchgeführt werden, besonders was die neuen Triebe betrifft. Für die Mehrfachstammform können die Wurzeltriebe verwendet und sofort gedrahtet werden.

Pinzieren
Bearbeitet man ein Exemplar, das schon ein gutes Verfeinerungsstadium erreicht hat, werden die Enden der Triebe pinziert, sobald sie eine Länge von 2–3 cm erreicht haben, damit sie die Form nicht ruinieren. Dies ist ein grundlegender Punkt bei der Kultivierung, denn wenn man die Triebe sehr sorgfältig pinziert, kann man ein dichtes und feines äußeres Zweigwerk schaffen. Bei den jungen Exemplaren sollten sich die Triebe dagegen weiterentwickeln können und erst gegen Juni/Juli auf 1–2 Knoten gekürzt werden.

Umpflanzen
Das Umpflanzen sollte zwischen September und Mitte Oktober erfolgen, denn im Herbst ist die Verbreitung der Tumore, von denen die Wurzeln der Chaenomeles typischerweise befallen werden, weniger wahrscheinlich. Pflanzt man dagegen im Frühjahr um, intensiviert sich durch das Ansteigen der Temperatur in der Schale im Sommer die Aktivität der Bakterien. Auch wenn man den Krebs ganz entfernt hat, ist die Lage der Wurzeln im Herbst genau die gleiche, wie vor dem Umpflanzen. Daher ist es besser, im Herbst umzupflanzen, wobei aber immer sorgfältig darauf zu achten ist, den gesamten eventuell von Krebs befallenen Bereich zu entfernen. Das ideale Substrat besteht aus mit 20% Kieszuschlag gemischtem Akadama. Junge Bäume werden jährlich, die älteren alle zwei Jahre umgepflanzt.

Düngen
Diese Spezies liebt reichlich Dünger, den sie für die Entwicklung einer starken Blüte benötigt. Bei der Gestaltung in einer Schale wird mit organischem Dünger einmal Anfang April, einmal gegen Mitte Mai, wenn die neuen Triebe sich gefestigt haben, einmal gegen Juni/Juli und einmal ungefähr fünfzehn Tage nach dem Umpflanzen (also insgesamt drei- oder viermal) gedüngt. Bei Verwendung eines Flüssigprodukts muss in den gleichen Zeiträumen mindestens dreimal hintereinander ungefähr alle acht Tage gedüngt werden.

Krankheiten
Die am meisten gefürchteten Schädlinge sind Blattläuse und Käferlarven. Erstere sitzen in den Spitzen der neuen Triebe, während die Larven den Stamm schädigen, indem sie ihn aushöhlen. Im Zusammenhang mit dem Umpflanzen wurden bereits Wurzeltumoren erwähnt, die an den Spitzen der feinen Wurzeln Schwellungen hervorbringt, die so groß wie ein Tennisball werden können. Da die Wurzeln aufgrund dieser Geschwüre nicht wachsen können, degenerieren sie und trocknen aus. Ein Symptom ihres Befalls ist der fehlende Glanz der Blätter. Greift man aber frühzeitig ein, um die erkrankten Teile vollständig zu entfernen, handelt es sich um ein leicht zu lösendes Problem.