"Bonsai Kusamono Suiseki" von Willi Benz

Praktischer Ratgeber zur Gestaltung von Arrangements mit Pflanzen und Steinen

 

 

Benz_bks.jpg Willi Benz hat sich mit diesem Buch einem Bereich zugewandt, der in der deutschsprachigen Literatur bisher stiefmütterlich behandelt wurde: der Präsentation. In den von uns für Bonsai eingeführten vier Entwicklungskategorien (Materialentwicklungs-, Strukturierungs-, Verfeinerungs- und Präsentationsphase) nimmt die Präsentation eines Objektes die höchste Stufe ein. In ihr gelingt es mehr oder weniger gut, die Qualität eines Bonsai, Suiseki oder anderen Objektes so zur Geltung zu bringen, dass eine atmosphärische Dichte, eine Anmutung oder ein Gefühl entsteht, das den Betrachter gefangen nimmt. Er kann durch diese Dinge der Natur etwas von der Natur der Dinge spüren, tritt in einen imaginären Raum, der künstlich arrangiert ist, jedoch als natürlich erlebt wird. Das zu erreichen ist eine Kunst. Benz beschreibt, wie es geht.
Dieses Buch ist ein Kraftakt. Bisher gibt es nichts annähernd Vergleichbares. John Naka hat in seinen Büchern einige Aspekte des Themas behandelt und auch Murata hat die Bedeutung der Jahreszeiten dargestellt und gewürdigt. Das Buch von Benz ist das Ergebnis einer akribische Recherche, es führt verstreutes Wissen vor allem aus dem asiatischen Bereich zusammen. Mit vielen erstklassigen Zeichnungen gibt es konkrete Hilfestellung bei prinzipiellen Fragen und Detailproblemen. Das 220 Seiten umfassende Werk ist theoretisch fundiert, dabei jedoch ausgesprochen deutlich an praktischer Anwendbarkeit orientiert. Benz setzt drei Schwerpunkte nach der Art der Hauptobjekte einer Präsentation: Suiseki, Bonsai und Kusamono („Grasbonsai“). Da dauerhaft in Schalen gepflanzte Arrangements aus Gräsern, Stauden und Blütenpflanzen (Kusamono) bei uns wenig bekannt sind, widmet er diesen einen etwas größeren Raum und behandelt auch deren gärtnerische Seite.
Wie und mit welchen Hilfsmitteln diese Objekte kombiniert und arrangiert werden, um bestimmte Wirkungen zu erzielen, ist Gegenstand der eher theoretischen Erörterungen und Konzepten auf den letzten fünfzig Seiten des Buches. Hier tauchen dann Begriffe auf, die hin und wieder auch in dieser Publikation (Bonsai-Art?) erwähnt wurden. Benz erläutert die Differenzen von formellen, halbformellen und informellen Arrangements (Shin, Gyo und So), aber auch Begriffe der Harmonielehre und macht Vorschläge für jahreszeitlich gebundene Arrangements.
Da dieses Buch voller Einsichten über Zusammenhänge von Stimmung, Gegenstand und Arrangement ist, möchte ich hier nur ein kurzes Beispiel dafür geben. Nachdem die Einzelelemente und deren Kombination ausführlich und durch viele Beispiele konkretisiert wurden, stellt Benz zwei Zeichnungen mit denselben Elementen noch einmal wie zu einer Abschlussbetrachtung einander gegenüber: Ein Suiseki, eine Bildrolle und ein Bonsai stehen in einer Tokonoma. Durch deren Größe ist nicht unmittelbar ersichtlich, welches der Elemente das Hauptobjekt darstellt. Erst durch die Platzierung, die sich am Lichteinfall orientiert, wird die Szene eindeutiger. Dadurch, dass der Suiseki im zweiten Bild einen höheren Tisch bekommt, ist eindrucksvoll belegt, wie geringe Akzentverschiebungen eine große Wirkung entfalten können.
Wie Sie sicher bemerkt haben, bin ich sehr froh darüber, dass ein solches Buch veröffentlicht wurde. Es füllt eine Lücke, die um so schmerzlicher ist, als das dadurch die mittlerweile auch in Europa ausgezeichneten Bonsai bisher oft nicht in angemessenen Arrangements präsentiert wurden. Meine Kritikpunkte beziehen sich vor allem auf die Form. Das Layout ist z.T. unübersichtlich und der Seitenumbruch unglücklich gewählt. Alte und neue Rechtschreibung geben sich ein Stelldichein, und die Fotos sind oft unklar. Jedoch scheint mir diese Kritik fast kleinlich angesichts der Arbeit, die Willi Benz auf sich genommen hat. Die Kritik, es handele sich ja um eine Form asiatischer Ästhetik, trifft nicht, denn in ihr gerinnt Naturschönes zu einer Form, die über weite Strecken universale Gültigkeit beanspruchen kann.