„The Gardens of The Adachi Museum of Art“,

ein Bildband der Adachi Museum of Art Foundation

Im Adachi Kunstmuseum, gegründet 1970, ist eine große Sammlung moderner japanischer Kunst zuhause, die vom Gründer Zenko Adachi gesammelt wurden. Nicht jedoch diese Sammlung ist Gegenstand des Bildbandes, den ich vorstellen möchte, sondern die umliegenden Japanischen Gärten, die von einer außergewöhnlichen Qualität und Größe sind. Sie stellen auf anschauliche Weise dar, dass Japanische Gärten „natürliche Malerei“ sind, eine Form der dreidimensionalen Bildgestaltung, die typisch für den Gartenbau in Japan ist.

 

Adachi Museum of Art

Welche Art von Gärten sind in diesem Bildband zu finden? In einem einführenden Text beschreibt Takanori Adachi, der Enkel des Museumsgründers, die Vorstellungen seines 1990 verstorbenen Großvaters Zenko. Dieser war ein begeisterter Laie auf dem Gebiet des Gartenbaus und beeinflusste den Aufbau des Gartens, der nach dem Plan des Gartenarchitekten Kinsaku Nakane entstehen sollte, durch seine tägliche Anwesenheit. Er habe, so sein Enkel, jeden Baum und jeden Stein bei der Positionierung überprüft. So tragen vor allem die Details die Handschrift des Gründers. Dazu zählt auch, dass 800 Rotkiefern von der Noto-Halbinsel und ungezählte Felsen aus dem Kosakabe-Fluss von der Insel Okayama ausgewählt und gesetzt werden mussten.
Zenko Adachi war überzeugt davon, dass ein Garten ein lebendes Gemälde ist. Damit steht er ganz in der Tradition, die einen Garten wie auch einen Bonsai auf spezielle Blickwinkel hin konzipiert und dem Betrachter eine idealisierte Landschaft zur Betrachtung und Erbauung darbietet. Um das Museum wurden verschiedene Gärten angelegt, die einen Überblick über die wichtigsten Gartenformen Japans geben und gleichzeitig dreidimensionale Landschaftsinszenierungen alter japanischer Gemälde sind. So schaut man quasi aus den Fenstern des Museums wie darin auf Bilder, nur im Fall der Gärten eben auf lebende. Die Anerkennung für diese herausragende Leistung – und die darin täglich wiederkehrende Pflegearbeit – bekam der Garten des Adachi-Museums durch ein amerikanisches Gartenmagazin, das ihn über drei Jahre zum besten Japanischen Garten kürte. Dabei wurden die Gärten unter verschiedenen Kriterien beurteilt, aber die in Japan übliche Verbeugung z.B. davor, dass ein Garten schon deshalb ausgezeichnet sei, weil er in Kyoto oder in einer berühmten Landschaft liegt, wurde nicht gemacht. Im Adachi-Museumsgarten wurde ein Traum verfolgt, der Traum einer idealen Gartenlandschaft, und Zenko Adachi ist ihm wohl sehr nahe gekommen.
Der Band zerfällt in zwei Hälften: den Frühling/Sommer- und den Herbst/Winter-Teil. Die verschiedenen Gärten bzw. Gartenbereiche werden in exzellenten Fotos dargestellt und gerade durch ihren jahreszeitlichen Wandel bekommt man einen wunderbaren Einblick in die verschiedenen Stimmungen, die diese Gärten zu erzeugen vermögen. Ein im üppigen Grün sogar mit einzelnen pinkfarbenen Blüten getupfter Frühlingsgarten verliert im Winter all seine Farbe und wird seinem tintenschwarzen und papierweißen zweidimensionalen Vorbild damit fast auf unheimliche Weise ähnlich. Manche Fotos wirken speziell im verschneiten Winterkleid regelrecht kalt und unbelebt, wie eingefroren. Das brennende Rot und Orange der Ahorne im Herbst erscheint wie die letzte Energie eines selbstverzehrenden Feuerwerks, das kurze Zeit später zum Schwarz der Linien und Flächen verkohlt ist. Licht, Schatten, unendliche Vielfalt der Grüntöne und Perspektiven – wirklich beeindruckend, wie dieser Bildband seine Botschaft von der idealen Natur dem Betrachter nahe bringt.
In einem gewaltigen Kraftakt wurde in den Gärten des Adachi-Museums eine Welt geschaffen, und sie wird jeden Tag aufs Neue durch viel Arbeit wieder hergestellt, die nicht von dieser Welt zu sein scheint. Mancher, der die wilde Natürlichkeit in ihrer manchmal harten Gebrochenheit liebt, wird sich an der Glätte der Arrangements stören, ein Aspekt, der in diesem idealen Ensemble keine Berücksichtigung findet. Wer sich jedoch auf das milde Licht, die Harmonie und Ausgewogenheit eines Traumes einstellen kann, wird in diesem Bildband auch für die Bonsai-Gestaltungspraxis seine Anregungen finden.

The Gardens of The Adachi Museum of Art.
Adachi Museum Foundation (Hrsg.).
184 Seiten, 23 cm x 28,5 cm, durchgehend farbig, Softcover, 49,90 Euro