Schalenmotive – Eisvogel

erschienen in BONSAI ART 195

Gerade aus Japan oder China fazinieren uns die unterschiedlichsten Schalenmotive. Doch was bedeuten sie, was stellen sie dar? In dieser Rubrik wollen wir die Geschichte hinter den Darstellungen beleuchten.

Chinesische Schale von Zhong Jing

Eisvögel (Alcedinidae) kommen in weiten Teile Europas, Asiens sowie im westlichen Nordafrika vor, wo sie an mäßig schnell fließenden oder stehenden, klaren Gewässern mit Kleinfischbestand und Sitzwarten leben. Sie ernähren sich von kleinen Fischen, Wasserinsekten, Kleinkrebsen und Kaulquappen. Trotz Abweichungen im Aussehen zwischen den unterschiedlichen Arten, haben viele eines gemeinsam: ein blaues, glänzendes Gefieder.
Bei den Mandschu, einem Volk in Nordchina, waren die blauen Eisvogelfedern ein Luxusgut. Aus diesen Federn wurden opulente Kopfbedeckungen mit der Bezeichung „Dianzi“ für Frauen gefertigt. Aus diesem Grund wird der Eisvogel mit der Schönheit von Frauen in Verbindung gebracht.
In Europa entwickelten sich verschiedene Sagen und Aberglauben. Eisvogelfedern wurden als Talismane gegen Blitzschlag benutzt, getrocknete Herzen als Schutz vor Gift oder ganze mumifizierte Vögel für die Mottenabwehr, als Kompass oder Wetterfahne.
Der von Carl von Linné vergebene lateinische Name Alcedo ist eine Ableitung vom griechischen Wort
„Halkyon“, das „die auf dem Meer Brütende“ bedeutet. Diese falsche Vorstellung vom Brutverhalten hielt sich lange durch die Geschichte von Keyx und Alkyone aus der griechischen Mythologie: Nach dem Tod ihres Mannes wurden beide in Eisvögel verwandelt. Jeden Winter trägt die Eisvogelhenne ihren Mann zu Grabe und baut danach ein Nest, das sie auf den Wellen des Meeres treiben lässt. Darin legt sie ihre Eier und brütet die Küken aus. Dies geschieht alles an den sogenannten halkyonischen Tagen, sieben windarmen Tagen vor und nach der Wintersonnenwende. Der Eisvogel war daher lange Zeit ein Symbol der Gattenliebe und Treue. Die Vorstellung der winterlichen Brutzeit hielt sich bis ins 19. Jahrhundert.
Zwar sind Eisvögel meist monogam, brüten aber im Bereich von Süßgewässern und beginnen ihre Balz
erst im Februar und März.
Zum deutschen Namen gibt es verschiedene Theorien. Während der Name im Englischen Kingfisher (Königsfischer) lautet und auf die Fähigkeiten der Vögel hinweist, scheint der deutsche Name eher irreführend, da Eisvögel offene Gewässer brauchen und Eis für sie ungünstig ist. Wahrscheinlich ist es eine Ableitung aus dem althochdeutschen Wort „eisan“, welches schillernd oder glänzend bedeutet. Andere sehen den Ursprung in „Eisenvogel“, da die Rückenfedern des Vogels stahlblau und die Unterseite rostrot gefärbt sind.
Der Eisvogel gilt als gefährdete Tierart und steht in einigen Ländern bereits auf der Roten Liste. Um gegenzusteuern gibt es zahlreiche Projekte zur Renaturierung von begradigten Gewässern. Das Vorhandensein des Eisvogels gilt als Indikator für gesunde Gewässer mit entsprechender Wasserqualität und Ansiedlung von diversen Tieren, die dem Eisvogel als Nahrung dienen. Auf einer Bonsai-Schale dargestellt, ist der Eisvogel also ein dekoratives Motiv mit positiver Symbolik in vielfacher Hinsicht. (CH)