BONSAI ART Award Chuhin auf der Trophy 2024
erschienen in BONSAI ART 186, von Mauro Stemberger
Die Geschichte dieses Bonsai begann 2010 in den Bergen im Grenzgebiet zwischen Italien und Frankreich, wo meine italienischen Bonsai-Freunde Giorgio Castagneri und Gino Costa die Kiefer fanden und ausgruben. Mir fiel der Baum bei Giorgios Sommerfest auf und ich kaufte ihn 2012, denn obwohl er keine Spitze besaß und mit seinen langen, kahlen Ästen wenig attraktiv wirkte, sah ich das große Potential des Baumes.

Nach einer angemessenen Erholungsphase begann die Gestaltung im März 2013 damit, dass der obere rechte Ast um den Stamm und dessen Totholz herum gebogen wurde. Hierfür musste der Ast teilweise ausgehöhlt werden, um ihn biegsam genug zu machen. Der untere Ast wurde mit Spanndrähten über die Jahre 2014 und 2015 langsam in eine kompaktere Form gebracht, während die Kiefer sich ansonsten erholen und Kräfte sammeln durfte.
2016 erfolgte die erste gründliche Gestaltung der Wald-
Kiefer im Rahmen meiner Demo auf der Ausstellung der UBI (Unione Bonsaiisti Italiani), mit der tatkräftigen Hilfe meines Teams (Rudy, Paolo, Alessandro und Maryanyela). Wir bauten eine solide Aststruktur um den Stamm herum auf und formten quasi zwei Kronen, weil der untere Ast einfach zu mächtig war, um nur ein Laubpolster zu tragen. Wir waren anschließend sehr zufrieden mit dem Ergebnis und ich hatte das Gefühl, der Baum war es auch.
Nach einer solchen Grundgestaltung lasse ich den jeweiligen Baum eine Saison lang frei wachsen, damit er sich erholt und sich die Positionen der gedrahteten Äste und Zweige festigen. Je größer die Belastung durch die Gestaltungsmaßnahmen, desto länger muss die anschließende Erholungsphase dauern. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den Baum der Verfeinerungsphase näher zu bringen.
Anschließend wurde der Baum einige Jahre von meinem Freund Paolo in Varese gepflegt, wo gleichmäßiges Laub und eine kompakte Verzweigung nur durch die Bearbeitung der Kerzen im Frühjahr entwickelt wurden. Die bei der ersten Gestaltung angelegten Drähte wurden nach und nach entfernt, sobald sie einzuschneiden begannen.
Nach dem ersten Umtopfen im Jahr 2019 kam die Wald-
Kiefer wieder zurück in meinen Garten. Sie entwickelte sich außerordentlich kräftig und vital, weshalb ich sie mit meinem Team 2021 überarbeitete, um die Astwinkel und Laubpolster zu verfeinern. Hierfür kamen auch wieder Spanndrähte zum Einsatz. Dicke Drähte waren nun nicht mehr notwendig. Im Frühjahr 2022 konnten wir den Baum in seine endgültige Schale pflanzen, ein wunderbares Gefäß in Mokko-Form von meinem Freund Tiberio Gracco, dem Töpfer aus Pompeji, das die Kiefer mit seiner Form und Farbe perfekt zur Geltung bringt. Nun war der Baum bereit, erstmals ausgestellt zu werden. Auf der italienischen Nationalausstellung in Reggio Emilia im September 2022 wurde er als „Bester Baum der Ausstellung“ ausgezeichnet. Auf der Trophy 2024 erhielt die Kiefer den Preis als „Bester Nadelbaum“ und den BONSAI ART Award. Es ist ausgesprochen befriedigend, wenn man Rohmaterial in einen feinen Bonsai verwandeln kann. Anhand dieser Geschichte kann man sehen, dass man mit guter Pflege, richtigem Timing, Knowhow und viel Geduld das Ziel erreichen kann. Diese spezielle Kiefer liegt mir besonders am Herzen und ich werde sie in meiner Sammlung behalten.


