Interview mit Peter Krebs

Peter Krebs hat sich aus seiner Begeisterung für Bonsai und antike Schalen heraus das Töpfern von Bonsai-Schalen selbst erarbeitet und es über viele Jahre zu meisterlichen Fähigkeiten gebracht.
Diese haben ihn so bekannt gemacht, dass man ihn eigentlich kaum noch vorstellen muss.

 BONSAI ART: Interview mit Peter Krebs, Bonsai-Schalentöpfer
Mehr über Peter und seine Arbeiten unter https://www.bonsaischalen-toepfer-peterkrebs.de


Dabei war ihm stets das Studium der alten chinesischen Schalen sehr wichtig, ihre Geschichte und die angewendeten Töpfer- und Dekorationstechniken.

Seine künstlerische Begabung erlaubte es ihm, alle bekannten Dekorationsarten auszuprobieren und zu meistern. Ob Schnitztechnik, Intarsien, Engobe-, Glasurmalerei, aufmodellierte Reliefs, unglasierte Schalen mit besonderen Oberflächen oder selbst entwickelte Glasuren, die Schalen von Peter Krebs waren schon immer von auffallend hoher Qualität und entsprechend begehrt bei anspruchsvollen Bonsai-Freunden.

Es gibt heute in Europa kaum eine bedeutende Ausstellung, auf der man keine Bäume in Krebs-Schalen sieht. Seine Schalen wurden und werden in viele Länder verkauft. Bis vor einigen Jahren war er auf den wichtigen Ausstellungen in Deutschland und den Nachbarländern regelmäßig im Händlerbereich vertreten. Bei sich zu Hause empfing er seine Kunden in seinem Studio, um ihre Aufträge zu besprechen und entgegenzunehmen.

Nach einem langen Berufs- und Töpferleben hat er sich vor einigen Jahren mehr ins Privatleben zurückgezogen. Händlerstand und Schalenstudio gehören der Vergangenheit an. Mit dem Töpfern hat er jedoch keinesfalls aufgehört. Seine aktuellen Werke, speziell die aufwändig bemalten Schalen, zeugen von außergewöhnlicher Handwerkskunst.

 

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Man sieht Dich kaum noch in der Bonsaiöffentlichkeit. Was hat sich bei Dir inzwischen verändert, privat und beruflich?
Nun ja, ich bin halt jetzt im Ruhestand, wie man so schön sagt, doch eigentlich hat sich nicht viel geändert, und darüber bin ich auch sehr froh und aktiver denn je.

Du machst keine Auftragsarbeiten mehr. Welche Vorteile hat das für Dich?
Einerseits tut es mir für meine Kunden leid, doch ich musste mich aus gesundheitlichen Gründen dafür entscheiden. Damit meine ich, dass sich bereits ein Burnout angeschlichen hatte. Mit 73 Jahren kann man nicht mehr für über zwei Jahre im Voraus ausgebucht sein. Andererseits genieße ich jetzt die Vorteile, denn nun kann ich meinen Töpferträumen nachgehen und versuchen, sie zu verwirklichen.

Welche Rolle spielt das Internet für Dich?
Die Rolle des Internets ist für mich elementar, es ist für mich der Daumen am Puls der Zeit. Hier kann ich sehen, was die Töpfer weltweit zu bieten haben, und hier kann ich einem großen Publikum auch meine Arbeiten vorstellen. 

Was für Schalen töpferst Du heutzutage am liebsten?
Das ist nicht so leicht zu beantworten. Den klassischen Schalen gilt nach wie vor meine Aufmerksamkeit. Aber auch die bemalten oder aufmodellierten Schalen ziehen mich immer mehr in ihren Bann, fast magisch.

Hast Du schon alles für Dich Denkbare ausprobiert, was man an Bonsai-Schalen töpfern kann?
Das kann kein Töpfer auf der Welt leisten, auch nicht annähernd. Ich muss da ganz entspannt bleiben. Wenn ich morgens aufstehe, ist es ein großer Luxus sagen zu können: „Was töpfere ich denn heute einmal?“ Je nach Stimmung werden dann die Schalenträume abgerufen. 

Deine jahrzehntelange Erfahrung als Töpfer und auch Deine persönliche Lebenserfahrung scheinen in Deine heutigen Schalen einzugehen. Wie bringst Du diesen Erfahrungsschatz ein?
Das ist eine sehr komplexe Doppelfrage, auf die man trotzdem eine Antwort geben kann. Ich habe mich schon zu meiner Schulzeit für Japan und China interessiert. Mit 30 Jahren habe ich mich über zwei Jahrzehnte mit der Zen-Philosophie auseinandergesetzt. Das war auch die Anfangszeit meines Töpferns. Aus dieser Thematik heraus habe ich mich für den Japonismus in der Kunst und für die chinesische Kunst interessiert. Auch das sind zwei komplexe Themen, zu denen ich nicht wirklich kompetent bin. Mich hat immer nur das interessiert, was mit der Bonsaischalen-Kunst zusammenhängt oder zusammenhängen könnte. Das ist das geistige Sammelbecken, aus dem ich heute schöpfen kann. Du wendest viel Zeit für die akribische Bemalung von Bonsai-Schalen auf. Was reizt Dich besonders daran?
Das stimmt, es braucht nicht nur viel Zeit, sondern sehr viel Zeit, und die habe ich ja jetzt. Es ist wie mit allen Dingen: Je mehr man sie intensiviert, desto besser gelingen sie. Vor zwei Jahren habe ich mich noch nicht an die kleine akribische Malerei gewagt. Die Feinmalerei reizt mich ganz besonders, allein schon aus dem Grund, dass sie heute kaum noch angewendet wird.

Literatenschale, 21,5 cm x 21,5 cm x 15 cm von Peter Krebs

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Literatenschale, 21,5 cm x 21,5 cm x 15 cm

Japanische Bonsai-Schalentöpfer und Porzellanmaler beschränken sich gewöhnlich über viele Jahre auf immer dieselbe Auswahl von Motiven. Deine Motive und Techniken sind dagegen sehr vielfältig. Woher beziehst Du Deine Ideen und Vorbilder?
Zu den japanischen Töpfern kann ich leider keine Aussage treffen. Mein Vorteil ist, dass ich mich kulturell nicht gebunden fühle und völlig frei agieren kann. So kommt es dann auch schon vor, dass auf der einen Seite der Schale ein eher chinesisches Motiv und auf der anderen ein japanisches Motiv zu sehen ist. Meine Ideen und Vorbilder beziehe ich aus den oben genannten Interessen. Ich habe, wie gesagt, schon seit meiner Jugendzeit asiatische Motive und Bilder gesammelt. Vor einigen Jahren habe ich diesen ganzen Schatz digitalisiert, damit es leichter wird, darauf zurückzugreifen. Ich habe sie noch nicht gezählt, aber mein PC sagt mir eine Zahl von über 5.000.

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Hast Du eine künstlerische Ausbildung, hast Du früher auf Papier oder anderen Materialien gezeichnet und gemalt, ehe Du damit auf Bonsai-Schalen begonnen hast?
Ich habe keinerlei künstlerische Ausbildungen, bin also ein lupenreiner Autodidakt. Ich komme aus dem graphischen Gewerbe im Bereich der Druckkunst. Vor dem Töpfern habe ich mich in der Holzschnitt-Kunst, der Glasabdruck-Kunst und der Feder-Tuschmalerei versucht, sogar mit einigen Ausstellungen. 

Was sind die besonderen Schwierigkeiten beim Malen auf Ton?
Zuerst muss man einmal die Unterschiede beachten, wenn man von Malerei auf Ton spricht. Zum einen gibt es die Malerei auf Porzellan, die auch heute noch gängig ist. Hierbei wird die Aufglasur-Malerei auf die vorher hochgebrannte Porzellanschale (ca. 1.600° C bis 1.800° C) aufgemalt und dann noch einmal bei ca. 900° C glattgebrannt. Diese Malerei ist von der Technik her nicht besonders schwer. Zum anderen gibt es die Technik der Malerei auf Steingut (unter ca.1.200° C) oder Steinzeug (über ca. 1.200° C). Bei diesen Keramikarten ist die Malerei schon etwas schwieriger. Auf diesen wird die Engoben-Malerei(1)

bevorzugt. Es handelt sich dabei fast ausschließlich um eine Monochrom-Malerei, das heißt, um eine einfarbige Malerei. Die einfarbige Glasur-Malerei auf Steinzeug-Schalen ist eher eine westliche Art der Malerei. Diese Art fasziniert mich ganz besonders. Hier wird die Malerei auf den zuvor geschrühten Scherben(2) (ca. 900° C) aufgemalt. Die besondere Schwierigkeit liegt hierin, dass jeder Pinselstrich sitzen muss, denn eine Korrektur ist nicht mehr möglich (wie bei der Aquarell-Malerei). 

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Wie viel Übung hast Du benötigt, um so detailliert und sicher komplexe Motive malen zu können?
Da ich ja nicht ausschließlich bemalte Schalen herstelle, stehe ich noch fast am Anfang, was die Sicherheit und die Erfahrung anbelangt. Diszipliniertes Üben verbessert das Können.

Welche Hilfsmittel benutzt Du dafür? 
Das ist schnell gesagt. Eine gute Lupenbrille und etliche kleine Pinsel von 5 bis 100 Haaren.

Wie kann man den Wert einer so aufwändig bemalten Schale ermessen bzw. einen Preis festsetzen?

Den Wert einer solchen Schale ermisst immer der Käufer. Der Preis ... Wenn man solche Schalen herstellen will, muss man als erstes die Uhr abhängen, sonst bekommt man Stress. Einen Preis nach Stunden anzusetzen ist ebenfalls illusorisch. Also fängt man ganz entspannt an zu malen, als würde man die chale für sich selbst herstellen. Nach der Fertigstellung kommt dann die schwere Entscheidung: Was nehme ich dafür? Es ist in fast jedem Fall zu wenig! 

Fällt es Dir schwer, Dich von verkauften Werken zu trennen?
Ja, absolut. Jede Schale ist auch gleichzeitig ein Stück meiner Zeit, meiner Träume, meines Lebens. Doch meistens weiß ich ja, wer die Schale bekommt und mit welcher Freude die Schale aufgenommen wird. Das entschädigt fast für alles. 

Bonsaischalen Peter Krebs: Während der Malarbeiten an der Schale „Die unsterblichen Helden des Tao“Während der Malarbeiten an der Schale „Die unsterblichen Helden des Tao“

 

Du lässt Dir wunderschöne Fotobücher von Deinen Schalen machen. Was ist der Grund hierfür?
Einmal dienen die Bücher als eine Art von Katalog oder als Poesiealbum, wenn ich einmal den Ton aus der Hand lege. Andererseits ist ein Buch als haptischer Gegenstand sehr sinnlich und bereitet beim langsamen Durchblättern einen gewissen, wenn ich es so sagen darf, Stolz.

Sind auch Deine sehr aufwändig bemalten Schalen für das Bepflanzen mit Bonsai gedacht oder möchtest Du sie lieber in Vitrinen wissen?
Man kann auch große Freude an Schalen in der Vitrine haben. Wenn ich an meine ehemalige alte Schalen-Sammlung denke, wie viel Freude es mir bereitet hat, sie in gewissen Stimmungen aus der Vitrine zu holen, und bei einem Glas Rotwein über die Schönheit alter und besonderer Schalen zu philosophieren, dann denke ich, Schalen müssen nicht immer einen nützlichen Sinn haben, sie können auch über die Haptik sehr sinnlich sein und großes Vergnügen bereiten.

143s66 69 1514 webDie unsterblichen Helden des Tao“, Schale von Peter Krebs. 25 cm x 25 cm x 21 cm. Monochrom-Malerei mit Pinselgröße 0, Arbeitszeit der Malerei: 30 Stunden

 


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Welche Voraussetzungen sollten Bäume mitbringen, die in solche Kunstwerke gepflanzt werden?
Ich habe mehrere Wandlungen in meiner Auffassung zu diesem Thema durchlaufen. Vor 40 Jahren habe ich einmal den Satz „Wenn ich eine Schale zuerst vor dem Baum sehe, dann ist es keine gute Schale“ gesagt. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch japanischer als ein Japaner. Jetzt, fast am Ende meiner Zeit, bin ich sehr viel entspannter und gelassener, nach dem Motto „das Leben ist bunt“. Oder anders: Bonsai sind so bunt wie die Schalen, in denen sie wachsen. Meine intensive Beschäftigung mit der chinesischen Auffassung von Bonsai hat mich so nach und nach die japanische Strenge vergessen lassen. Wenn jemand eine ausgefallene Schale bepflanzt und die Schmetterlinge fliegen dabei im Bauch, dann ist das große Ziel der Freude erreicht. Ich kann und darf nicht bestimmen, was jemand zu machen hat oder was nicht. 

Was dürfen wir in der Zukunft von Dir erwarten? 
Dass ich immer ganz nahe und empathisch bei all den Bonsaianerinnen und Bonsaianern bin, denn ohne sie wären meine Arbeiten bedeutungslos.

1) Engoben sind dünnflüssige Tonmineralmassen zur Einfärbung oder Bemalung von z. B. Ton bzw. von Scherben. Engoben bilden anders als Glasuren keine Schutzschicht für das keramische Produkt.

(2) Unter Schrühbrand versteht man den vorläufigen Brennvorgang im Ofen, wobei die Temperatur langsam bis ca. 900° C gesteigert wird. Das Ergebnis heißt Schrühware oder auch Scherben. Sie bleiben porös, sind aber nicht mehr wasserlöslich.