erschienen in BONSAI ART 60

Crataegus – Weißdorn

Die Gattung Crataegus gehört zur Familie der Rosaceae. Eine große Anzahl von Spezies sind über alle Regionen der borealen Hemisphäre (kurze kühle Sommer, Wintertemperaturen von unter -10° C möglich) mit gemäßigtem Klima verbreitet. Bei uns wächst bis zu einer Höhe von 1800 Metern gewöhnlich der Eingriffelige Weißdorn (Crataegus monogyna), ein dorniger Strauch, der sehr dekorativ ist. Sowohl gegen Ende des Frühjahrs, wenn die Blüte in zahlreichen Doldentrauben ihn in eine prächtige, weiße Masse kleidet, als auch im September, wenn er sich mit kleinen, ovalen oder kugelförmigen, korallenroten Steinfrüchten bedeckt, hat er seinen Reiz. 


Sein Name „Weißdorn“ vereint in sich die beiden auffälligsten Eigenschaften dieser Spezies: die Farbe der Blüte und die Dornen. Die Fruchtbildung dieser Pflanze zeigt eine Besonderheit: Die Kelchblätter bleiben am Ansatz der Frucht sichtbar und bilden einen kleines, anmutiges Hütchen auf der Beere. Das Holz des Weißdorn ist besonders hart, eine Eigenschaft, auf die bereits vor hunderten von Jahren Theophrast hinwies, von dem auch der Name der Gattung Crataegus stammt, und dessen Etymologie auf griechische Wurzeln verweist: Das Wort „Kràtos“ bedeutet Kraft, Robustheit. Auch wenn dies eine forstwirtschaftlich sehr interessante Eigenschaft ist, kann sie wegen des langsamen Wachstums der Pflanze kaum genutzt werden.
Stattdessen wird diese Spezies häufig auch wegen ihrer großen Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Klimate und Böden, als Hecke und für Zierzwecke verwendet, was eine umfangreiche Verwendung als Gartenpflanze erlaubt. Als Zierpflanze eignet sich der Weißdorn wegen seiner geringen Größe, seines Habitus und der Schönheit des Blattwerks auch für kleine Gärten. Wirtschaftlich findet Crataegus im Nahrungsmittelbereich und in der Pharmaindustrie Verwendung.

Der Crataegus als Bonsai

Die Varietäten, die als Bonsai kultiviert werden, verdanken diese Wahl vorwiegend ihrer Blütenbildung. Unter den am meisten verbreiteten Spezies, außer unserem Crataegus monogyna, befindet sich die japanische Art Crataegus cuneata, die dem Eingriffeligen Weißdorn sehr ähnlich sieht, sich aber von diesem durch eine rote Blüte unterscheidet. Auch wenn es sich um eine der wichtigsten Eigenschaften dieses Baumes handelt, ist es nicht einfach, eine schöne Blüte zu erreichen. Der Weißdorn neigt dazu, seine Kraft in die starken Triebe zu konzentrieren und die kleinen, kurzen Zweige, an denen sich die Blüten bilden, austrocknen zu lassen, wodurch sich das Blütenvolumen Jahr um Jahr verringern würde. Diesem kleinen Problem kann man aber durch Beschneiden und Pinzieren schnell abhelfen.
Die weite Verbreitung von Crataegus in der Bonsaiszene ist auch auf ihre große Vitalität zurückzuführen, die ein sehr kräftiges Wachstum ermöglicht. Dadurch ist schnell eine Grundstruktur mit starkem Ansatz und kräftigen Ästen zu erreichen. Die Blätter sind kleinwüchsig, was dem Baum auch ohne Blüte einen dekorativen Wert verleiht. Da es sich um eine vielseitig verwendbare Spezies handelt, kann sie in fast allen Stilarten gestaltet werden. Unüblicher sind die streng aufrechte und die Besenform.

Vermehrung
Der Weißdorn kann durch Samen, Stecklinge, Abmoosen und Pfropfen vermehrt werden. Die Aussaat erfolgt im Frühling, wenn man im Herbst die Früchte gesammelt hat. Die Samen werden, nachdem sie von der Frucht getrennt worden sind, bis zum Frühjahr an einem trockenen Ort gelagert. Im März findet die Selektion statt, indem die Samen 24 Stunden in ein Wasserbad gelegt und die dann schwimmenden tauben aussortiert werden. Die anderen werden in einen eher niedrigen Holzkasten mit guter Drainage in Abständen von 2 cm und in 0,5 cm Tiefe gepflanzt. Als Substrat dient eine Mischung aus 75 % Akadama und 25 % Universalerde.
Die ersten Wurzeln entwickeln sich nach rund 15 Tagen. Die neuen Pflänzchen werden dann nach und nach an die Sonne gewöhnt. Die Vermehrung von Crataegus über Stecklinge kann auf verschiedene Art und Weise geschehen. Es werden sowohl mit halbverholzten Sommerstecklingen als auch mit verholzten Stecklingen vom Ende des Winters befriedigende Ergebnisse erzielt. Die Bewurzelung von Sommerstecklingen funktioniert am besten mit den Trieben des Frühjahres. Dabei wird auf den ersten, verholzten Teil und das zu schwache Endstück verzichtet, wobei der übrig bleibende Mittelteil dann in Stecklinge unterteilt wird, die nicht länger als 8 – 10 cm sein sollten und von denen alle Blätter außer den letzten zwei entfernt werden. Mit einem scharfen, desinfizierten Messer wird unterhalb eines Nodiums ein Schnitt ausgeführt und dieser mit Bewurzelungshormonen versehen. Der Steckling wird dann in ein Substrat aus Torf und Sand mit guten Drainageeigenschaften gepflanzt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Temperatur um die 20° C beträgt. Sobald sich die Triebe bilden, sollte häufiger gegossen werden, um das Austrocknen der neuen Blätter zu verhindern.
Der für das Abmoosen günstigste Zeitpunkt ist, wenn der Pflanzensaft des Baums wieder zu fließen beginnt, weil die Blattbildung den Wundheilungsprozess der Schnitte begünstigt. Abmoosen kann man direkt den Stamm oder einen besonders interessanten Ast. Die neuen Wurzeln sprießen einige Monate nach der Anwendung dieser Technik und im nachfolgenden Frühjahr oder Herbst kann die neu gewonnene Pflanze von der Mutterpflanze getrennt werden.
Was das Pfropfen betrifft, so ist es zwar möglich, aufgrund der meist nicht optimalen Ergebnisse sollte man jedoch lieber auf eine andere Vermehrungsmethode zurückgreifen. Der ideale Zeitpunkt für das Veredeln liegt zwischen dem Ende des Winters und dem Beginn des Sommers. Ablaktieren bedeutet das Verbinden von Teilen zweier verschiedener Pflanzen in der Schale selbst.
Bei dieser Spezies wird auch häufig auf das Ausgraben in der Natur zurückgegriffen, weil sich Weißdorne davon sehr schnell wieder erholen. Der Erfolg dieser Technik ist fast sicher, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt erfolgt, das heißt, gegen Ende des Winters. Dabei muss jedoch eine gewisse Anzahl von Kapillarwurzeln erhalten bleiben und der größte Teil des ursprünglichen Bodens entfernt werden.

Standort
Der ideale Standort ist während des ganzen Jahres, mit Ausnahme der heißesten Monate, in denen der Baum geschützt im Halbschatten stehen sollte, mitten in der Sonne an einem gut belüfteten Ort. Da Weißdorne kalte Klimate gut vertragen, müssen im Winter keine besonderen Vorkehrungen getroffen werden, lediglich bei längeren Frostperioden sollten sie an einen geschützten Ort gebracht werden.

Gießen
Wie bereits gesagt, ist die hervorstechende Eigenschaft des Crataegus seine reiche Blüte. In dieser Zeit ist reichliches Gießen besonders notwendig. Sollte regelmäßiges Gießen nicht möglich sein, ist es ratsam, die Pflanze unter ein Schattennetz zu stellen, das nicht nur den Wasserverbrauch einschränkt, sondern auch verhindert, dass die Blattspitzen der Pflanze verbrennen. Im Winter verringert sich die Wasserzufuhr, ohne dass der Boden natürlich vollkommen austrocknen darf.

Beschneiden
Das Beschneiden erfolgt im Winter, wenn der Baum das Wachstum eingestellt hat. Die langen Zweige müssen jedes Jahr zurück geschnitten werden, die kurzen Zweige bleiben dagegen stehen, weil sich an ihnen im folgenden Jahr die Blüte bildet. Weißdorne entwickeln nur einige Triebe an den Astspitzen besonders kraftvoll. Um die Kraft dieser Triebe zu verringern, müssen sie frühzeitig pinziert werden, sobald sie ungefähr acht Blätter erreicht haben. Ohne diesen Eingriff würden die Äste schnell an Verjüngung und Eleganz verlieren.
Diese Pflanze reagiert selbst auf drastisches Zurückschneiden gut, und entwickelt sogar reichlich Triebe am Stamm, so dass die Gestaltung der Aststruktur kein Problem ist. Nach der Blüte werden die welken Blüten entfernt und die Zweige ungefähr auf einen oder zwei Nodien zurückgeschnitten. Eine der Eigenarten dieser Spezies ist, dass sie am Stammansatz zahlreiche Triebe entwickelt, die, bevor sie sich zu stark entwickeln, sorgfältig und so schnell wie möglich entfernt werden müssen.

Drahten
Auch wenn es immer besser ist, durch das Beschneiden gestalterisch einzugreifen, kann das Wachstum zu kraftvoller Triebe auch durch Drahten nach unten gebremst werden. Der hierfür bes­te Zeitraum ist von Mai bis Juni. Wegen des schnellen Wachstums müssen die gedrahteten Stellen immer überprüft werden, damit der Draht rechtzeitig entfernt werden kann, bevor er sich in die Rinde einschneidet.

Pinzieren
Das Pinzieren erfolgt im Frühjahr, wobei das neue Wachstum so gelichtet werden muss, dass eine wechselständige Zweiggestaltung erreicht wird. Die Triebe der kräftigen Äste werden gestutzt, um ihre Vitalität auf die schwächeren zu verteilen. Besteht vor allem ein Interesse an der Blüte, sollte erst nach der Blüte pinziert werden, denn diese bilden sich an der Spitze der kurzen neuen Zweige. Pinziert man nach Ende Juli, bilden sich nur Blattknospen.

Umpflanzen
Das Umpflanzen erfolgt alle zwei, drei Jahre im März. In Anbetracht des schnellen Wachstum des Wurzelapparates kann es notwendig werden, öfter einzugreifen, vielleicht sogar jedes Jahr. Das für diese Spezies beste Substrat besteht aus 75 % Akadama und 25 % Universalerde.

Düngen
Für den Herbst ist eine reichliche Düngergabe das Beste. Von April bis Juni wird ungefähr alle 20 Tage gedüngt, wobei die Zufuhr von Dünger zur Blütezeit hin abnimmt und zum Ende der Blüte dann wieder leicht gedüngt wird. Am besten geeignet sind or­ga­nische Düngekugeln, die sich langsam auflösen.

Krankheiten
Die Pflanze ist gegenüber keiner Krankheit oder keinem Schädling besonders anfällig, spricht aber andererseits sehr gut auf die Parasitenbekämpfung an, die bei einem Befall notwendig würde. Zur Vorbeugung kann im Winter, wenn der Baum kahl ist, eine Spritzung mit Jinmittellösung (1:20) erfolgen, um der mögliche Entwicklung von Schadinsekten vorzubeugen.