aus BONSAI ART 54

Carpinus – Hainbuche

Hainbuchen gehören zur Familie der Betulaceae, sind also eher mit den Haselsträuchern oder Birken als mit den Buchen verwandt. Der Name ist wohl vom lateinischen Wort für Wagen – carpentum – ab­geleitet. Die Verbindung besteht darin, dass das sehr feste Holz in früherer Zeit für den Bau von Rädern für Wagen verwendet wurde. Auch im keltischen Vokabu­lar findet man einen Bezug zur Hain­buche: car bedeutet Holz und pin Kopf, eine Anspielung auf die Verwendung des Holzes für die Herstellung der Joche für Rinder. 


Die Gattung Carpinus be­steht aus wenigstens zwei Dutzend Arten, die sich über fast alle Länder der ge­mäßigten Klimate der borealen Hemis­phäre, vorzugsweise aber über Zentral- und Ostasien erstrecken. Zu Carpinus gehören baumartig und seltener buschförmig wachsende Spezies. Viele Arten zeichnen sich durch ihre feine Verästelung aus. Im April/Mai bilden sich männliche Kätzchen. Weib­liche Blütenstände tragen zur Fruchtzeit dreilappige Hochblätter, die die kleinen Nussfrüchte einschließen.
Die graue Rinde der Gemeinen Hainbuche (Carpinus­ betulus) ist anfangs glatt, später netzartig gemustert, das glänzend grüne Blattwerk nimmt im Herbst einen strohgelben bis gelbbraunen Ton an. Die Pflanze ist einhäusig. In der Natur kann sie ein Alter von rund 200 Jahren erreichen. Wie aus Analysen fossiler Überreste hervorgeht, kann man die Hainbuchen als die Reste des Unter­holzes der großen, uralten Wald­land­­schaften betrachten. Der kaufmännische Wert ihres Holzes ist nicht sehr hoch, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sich ihr Holz leicht verdreht und zerreißt, weshalb es nicht für die Arbeit an der Drehbank geeignet ist. Besonders geschätzt ist sie jedoch aufgrund ihres im Winter an den Trieben verbleibenden Blattwerks. Wegen dieser Eigenheit und der guten Schnitt­verträglichkeit wird sie häufig als Heckenpflanze in Parks und Privat­gärten gepflanzt.

Die Hainbuche als Bonsai
Die Kultivierung dieser Pflanze als Bonsai ist sehr verbreitet, da sie neben einer feinen und dichten Verästelung auch einen sehr attraktiven Stamm ausbildet. Außer im streng aufrechten Stil kann die Hainbuche in allen Stilen gestaltet werden. Insbesondere als mittelgroßer Bonsai wird sie geschätzt.
Die Varietäten, die in Japan am häufigsten als Bonsai kultiviert werden, sind Carpinus tschonoskii, C. japo­nica, C. laxiflora, C. turczaninovii und C. coreana. In Europa und Amerika werden die dort je­weils heimischen Spezies kultiviert. Carpinus betulus ist sehr verbreitet und eignet sich ausgezeichnet für die Bonsaikultur.

Vermehrung
In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Carpinus um Pflanzen handelt, die häufig in den Gärten verwendet werden, findet man sie in Baumschulen und Gartenzentren regelmäßig in großer Auswahl. Auch in der Natur ist die Hain­buche weit verbreitet, so dass das Aus­gangsmaterial dieser Spezies leicht zu besorgen ist. Das Ausgraben bereitet auf­grund der meist vorhandenen vielen fei­nen Wurzeln kaum Probleme. Nur auf felsigem Grund entwickeln sich lange, dicke Wurzeln. Der geeignetste Zeitraum für das Ausgraben erstreckt sich vom Herbst über den Winter bis zum Austrieb. Sobald die Blätter braun geworden sind, kann man ans Werk gehen.
Die Vermehrung kann auch über Samen oder Stecklinge erfolgen. Die Stecklinge sollten aus leicht bis vollständig verholzten Trieben geschnitten werden. Die Stecklinge kann man also im März, kurz vor dem Austrieb, schneiden. Zum Stecken führt man einen doppelten, schrägen Schnitt aus und behandelt die Schnittflächen mit Bewurzelungs­hormonen. Leicht verholzte Stecklinge werden im Juni geschnitten, wenn der Austrieb beendet ist. Um übermäßige Verdunstung zu verhindern, werden in diesem Fall die Blätter halbiert und die unteren Blätter entfernt. Die Länge der Stecklinge beträgt in beiden Fällen ca. 7-10 cm. Sind sie vorbereitet, werden sie in eine Schale mit Akadamasubstrat gepflanzt, was eine gute Drainage erlaubt. Der Behälter wird dann an einen schattigen, vor Wind geschützten Platz gestellt, wobei immer auf ausreichende Feuchtigkeit zu achten ist. Nach ungefähr zwei Jahren können die Stecklinge im Frühling in einzelne Anzuchtschalen verpflanzt werden.
Pfropfen ist aufgrund der Narbe nicht zu empfehlen, erfolgt aber – wenn nötig – im Mai. Abmoosen dagegen ist denkbar einfach: Ein Teil des Stammes oder eines Astes wird entrindet, indem ein Rindenring von etwa dem anderthalbfachen Durchmesser des Stammes oder Astes entfernt wird. Nach dem Entfernen der Rinde und des Kambiums werden Bewurzelungshormone aufgebracht und der Bereich mit feuchtem Torfmoos bedeckt. Dann wird die Stelle mit einer Plastikfolie abgedeckt, die an den Enden fest verschlossen wird. Nach Ab­lauf von ungefähr 3-5 Monaten sollten aus dem behandelten Be­reich die Wurzeln ausschlagen. Nach ausreichender Wurzelbildung wird der abgemooste Teil von der Mutterpflanze getrennt und in eine Anzuchtschale gepflanzt. Der neue Baum sollte eine Weile nicht direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden, sondern sich nach und nach an diese gewöhnen können.

Standort
Mit Ausnahme der heißesten Monate des Jahres, in der sie besser schattiert stehen, haben die Hainbuchen ihren Platz in der direkten Sonne. Es ist jedoch zu beachten, dass ihre Wurzeln empfindlich auf große Hitze reagieren und schnell verbrennen. Um dafür zu sorgen, dass die Sonneneinstrahlung die Schale nicht zu sehr aufheizt und den Wurzelapparat schädigt, ist es sinnvoll, die Oberfläche des Substrates durch eine Schicht Moos überwachsen zu lassen. Im Winter sollte die Hainbuche frostfrei an einem geschützten Ort untergestellt werden, da die Wurzeln auch unter starker Kälte leiden können.

Gießen
Was die Bewässerung betrifft, so stellt die Hainbuche keine Anforderungen, die sich von den allgemein üblichen unterscheiden, weshalb im Sommer ausgiebig gegossen und vor allem überbraust werden sollte. Im Herbst dagegen sinkt der Wasserbedarf der Pflanze ab, und es wird weniger gegossen. Der Boden sollte nie vollständig austrocknen, auch nicht in den Wintermonaten! Mit einer guten Drainage sollte natürlich Staunässe verhindert werden.

Beschneiden
Die Hainbuche neigt dazu, im Winter Zweige absterben zu lassen, was das Beschneiden zu Beginn des Frühlings ratsam erscheinen lässt. Diese Tendenz kann verhindert oder zumindest vermindert werden, indem man die Ast­etagen klar gliedert, so dass Luft und Licht alle Bereiche des Baumes erreichen. Um die Silhouette nach dem Austrieb neu zu definieren, werden die Triebe auf zwei oder drei Knoten zurückgeschnitten. Die Triebe sollte man jedoch zuerst frei wachsen lassen und sie nach und nach stärker zurückzuschneiden. Ein Problem ist der Saftrückzug, mit dem die Hainbuche vor allem beim Rückschnitt starker Äste reagiert.
Eine mögliche Form des Schnittes für eine moderat wachsende Verzweigung ist das Entfernen des Leittriebes, der in der Regel, verglichen mit dem übrigen Wachstum, sehr lang wird. Schneidet man ihn im Frühjahr, wächst der Ast besser proportioniert. Da die Spitze der Hainbuche sehr vital ist, muss sie energischer zurückgeschnitten werden als die an­deren Bereiche. So verteilt sich die Energie der Pflanze besser. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass in der Kronenspitze keine Zweige wachsen, die im Verhältnis zur Dicke des Stammes und der Hauptäste zu kräftig sind.

Drahten
Um dem Baum eine gute Struktur zu geben, kann auch durch Drahten eingegriffen werden. Der beste Zeitpunkt dafür ist im Frühjahr vor dem Austrieb oder als Alternative im Herbst nach der Blattfärbung. Da die Rinde außerordentlich empfindlich ist, muss der Draht sorgsam mit Seidenpapierstreifen umwickelt werden, bevor man ihn verwendet. Der Draht sollte zudem häufig kontrolliert werden, damit keine Druckstellen oder Drahtnarben entstehen.

Pinzieren
Die Triebe der Hainbuche sollten nicht zu stark pinziert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Blätter an den Zweigen wechselständig wachsen. Beim Pinzieren ist also auf die Richtung zu achten, in die sich der neue Trieb entwickeln soll. Entweder sollten die frischen Triebe nur leicht mit den Fingern pinziert werden oder nach dem Durchtreiben energischer durch Einkürzen mit der Schere. Nach dem Pinzieren bleiben zwei bis drei der neuen Blätter stehen. Die Hainbuche neigt dazu, im Winter Zweige vertrocknen zu lassen.
Aus diesem Grund ist es vorzuziehen, schwächere Triebe wachsen zu lassen, um sie dann erst im Sommer, wenn sie kräftiger geworden sind, zu pinzieren. Pinzieren dient hauptsächlich dazu, die Wuchskraft der verschieden kräftigen Äste aneinander anzugleichen. Grundsätzlich sollten kräftigere Triebe energischer und schwächere weniger stark zurückgenommen werden.

Umpflanzen
Das erstmalige Eintopfen in eine Schale erfolgt im März, wenn die Knospen zu schwellen beginnen. Hierzu werden die Wurzeln ausgespült, beschnitten und die alten und faulen Wurzeln vollständig entfernt. Zu beachten ist, dass in den ersten zehn Lebensjahren der Pflanze alle zwei Jahre umgepflanzt werden sollte, während danach vor einem neuen Eingriff auch ein längerer Zeitraum verstreichen darf. Die geeignetste Substratmischung besteht aus 80% Akadama und 20 % Lavaganulat.

Düngen
Für die richtige Düngung kommt es darauf an, das Wachstum des Baumes zu beobachten. Treibt der Baum beim ersten Austrieb in der Schale mit großer Vitalität aus, so muss erst gedüngt werden, wenn diese Phase abgeschlossen ist, da sonst die Internodien zu lang werden. Ansonsten sollte im ersten Monat nach dem Austrieb mit flüssigem, organischen Dünger wöchentlich, danach bis zum Ende des Sommers alle zwei Wochen gedüngt werden. In den wärmsten Monaten, im Juli und Au­gust, darf nicht gedüngt werden.

Krankheiten
Diese Spezies leidet manchmal unter Schädlingen und Pilzerkrankungen. Die Hainbuche wird oft auch von der Spinnmilbe befallen, die in leichten Fällen einfach durch eine erhöhte Luftfeuchtigkeit bekämpft werden kann. Ist der Befall dagegen stärker, so muss eine Behandlung mit dem entsprechenden Pestizid erfolgen.