„Meditative Räume“ von Michael Freeman und „Gärten im Japan-Stil“ von Jean-Paul Pigeat

Zwei Bücher, die ich thematisch eng verbunden sehe, habe ich mir für diese Rezension ausgesucht. Es geht bei beiden um Räume im und ums Haus, die Ruhe, Einfachheit und Harmonie ausstrahlen. Mit welchen Mitteln das erreicht wird, davon sprechen diese Bücher auf verschiedene Weise, aber beide transformieren fernöstliche Gestaltungsideen in ein westliches Umfeld.

„Meditative Räume“ von Michael Freeman Michael Freemans Buch ist quadratisch, was nicht heißen muss, dass es praktisch-gut ist. Trotz seiner bescheidenen Größe von nur 14 cm x 14 cm ist es eher ein Bildband mit Erläuterungen als ein „Taschenbuch“. Die Kleinheit scheint mit zum Konzept des Überschaubaren, Klaren zu gehören, das man auch inhaltlich zu finden glaubt. Auf 240 Seiten zeigt es Innenräume, die zum Meditieren einladen. Mit wenigen Ausnahmen sind die Gestalter japanische Architekten bzw. Innenarchitekten, die meist moderne Interpretationen klassischer meditativer Räume (Tokonoma, Teeraum, Übergangsbereiche von Innen/Außen) realisiert haben. Auch finden sich Beispiele anderer orientalischer Kulturen zum Thema Meditation. Freeman hat sein Buch in vier Gruppen meditativer Räume gegliedert: 1. Einfachheit, 2. Erhöhung, 3. Zentrum und 4. Natürliche Energie.
Die manchmal extrem einfach gehaltenen Räume versteht er als Versuch, ein ideales Umfeld zu schaffen, um den Geist zur Ruhe kommen zu lassen. Die auf den ersten Blick leeren Räume wirken selbst in der Zweidimensionalität der Fotos mit den bewusst gewählten Materialien und der oft ausgeklügelten Lichtführung auf den Betrachter atmosphärisch dicht. Sie vermitteln in den meist weichen Farben eine Stimmung des Versammeltseins der Konzentration.
Mit Erhöhung meint Freeman, dass ein Raum der Meditation abgeschlossen sei, und er sammelt Räume, die sich wiederum in größeren Räumen abgrenzen und gleichzeitig in Beziehung treten. Hier sind es kleine, manchmal erhöht liegende Räume, die oft nur einer Person Platz bieten.
Das Thema Zentrum wird durch überwiegend moderne Zen-Gärten oder Tokonoma-Variationenveranschaulicht. Das typische Element alter japanischer Architektur, ein Übergangsbereich von Innen und Außen, wird durch die Gärten geschaffen, die eine Verbindung aber auch Abgrenzung zur oft unruhigen Umwelt darstellen. Die Alkoven/Tokonoma sind im Gegensatz zu ihren klassischen Vorbildern meist beleuchtet und lassen so das Licht in den Raum.
Natürliche Energie meint in Freemans Buch die besondere Kraft, die an manchen Orten zu wirken scheint. Beispielhaft zeigt er Räume in verschiedenen Kulturen, die ihren Platz an besonderen Orten gefunden haben und dem Suchenden diese Kraft zur Verfügung stellen können.
Dem Leser helfen diese gruppierten Räume, sich nicht ganz in der Vielfalt individueller Interpretationen eines meditativen Ortes zu verlieren. Für mich ist das Buch jedoch eher etwas zum Blättern, um Anregungen zu finden, eine Raumsituation in der Wohnung, Balkon oder Garten so umzugestalten, dass etwas vom ruhenden Geist spürbar wird. In solch einem Umfeld ist ein präsentierter Bonsai sicher gut aufgehoben.


„Gärten im Japan-Stil“ von Jean-Paul Pigeat Praktischer im eigentlichen Sinn ist das zweite vorzustellende Buch. Das bei Ulmer erschienene Softcover-Werk hat fast 170 Seiten und ist ebenfalls quadratisch (19 cm x 19 cm). Es hat mir gleich gefallen, denn es hat sich der Aufgabe angenommen, die auch ich seit vielen Jahren verfolge: eine „Übersetzung“ dessen, was man „japanisch“ nennt, in unseren Kulturkreis. Dazu muss man verstehen, was wohl „japanisch“ am japanischen Garten ist, und was das wohl in unseren Gärten, unserer Vorstellung von Bäumen, ist. Pigeat, der Autor, wird in einem klugen Vorwort seines Freundes als jemand beschrieben, der immer „wusste (…), wo die fließende Grenze zwischen Beherrschung und Nachschöpfung der Natur verlief.“ In seinem Buch wird das deutlich.
Viele werden sich beim flüchtigen Durchblättern fragen, was das Besondere dieses Buches gegenüber anderen sein soll. In drei Kapiteln - Merkmale des japanischen Gartens, Die Anlage des Gartens und Den Garten zum Leben erwecken - beschreibt Pigeat, wie man den Geist eines Gartens findet, was dieser mit dem Ort, den vorgefundenen Details, zu tun hat. Was muss man tun, etwa im Garten herumlaufen und die Blickachsen prüfen, um nicht die Balance zu verlieren bzw. Disharmonie zu erzeugen. Dabei gibt er mit Zeichnungen Hilfestellung, bespricht die Materialien und deren Verwendung. Das findet man auch in anderen Büchern, aber Pigeat vermittelt aus seiner Praxis, was wichtig und beachtenswert ist und was man vernachlässigen kann. Dadurch ist dieses Buch auch hilfreich darin, einen Bonsai neu anzulegen.
Diese zwei Bücher, die unser Verständnis Japans erweitern, möchte ich Ihnen deshalb empfehlen.

{ln:Meditative Räume. '„Meditative Räume“}. Freeman, M. 240 Seiten, 17 cm x 17 cm, durchgehehend farbig, Hardcover, 24,90 Euro.

{ln:Gärten im Japan-Stil. '„Gärten im Japan-Stil“}. Pigeat, J.-P. 168 Seiten, 19 cm x 19 cm, 168 Farbfotos, 21 Zeichnungen, Softcover, 29,90 Euro.

Erschienen in {ln:BONSAI ART 102 'BONSAI ART 102}